Ein ehrlicher Mann

Ein ehrlicher Mann

Um die Erinnerung an den bekannten aserbaidschanischen Wohltäter Hadschi Zeynalabdin Taghijev wachzuhalten, wurde ein Teil seines Wohnhauses (des heutigen Nationalen Historischen Museums) ins Taghijev-Gedenkmuseum umgewandelt. Das Museum besteht aus 9 Räumen. Anhand von Taghijevs Familienfotos wechselten die italienischen und aserbaidschanischen Architekten die Zimmer, Gegenstände und Möbel zu ihrer ursprünglichen Ansicht. Taghijevs Arbeitszimmer, Osthalle, Bibliothek, Billardraum, Esszimmer, Informationszimmer, Sona Hanum Taghijevas Ankleidezimmer, Schlafzimmer, Reinigungsraum wurden den Besuchern zur Verfügung gestellt.

Als ich mit der Museumsbegleiterin Ilahe Hanum zusammen einen Rundgang durch das Museum machte und mich von ihr über die Räume und Gegenstände informieren ließ, stieß ich auf ein interessantes Buch in der Hand eines Museumsangestellten zu Taghijev. Ich erkundigte mich nach dem Autor des Buches. Das war Ferhad Dschefferov. Er war auch Mitarbeiter des Museums, da aber seine Arbeitszeit schon vorbei war, hatte er das Museum schon verlassen.

Um ein Buch zu Taghijev zu schreiben, habe ich schon selbst auch ausreichende Informationen bekommen. Es wäre mir jedoch sehr interessant, daß ein junger Historiker, der Taghijevs Erbe erforscht hat, seine Erfahrungen mit uns teilt.

Am nächsten Tag trafen wir uns am Eingang des Museums. Er erklärte uns, daß er schon seit seinen Studienjahren angefangen habe, Taghijevs Erbe zu erforschen.

  • Im Auftrag der sowjetischen Regierung wurde all das Vermögen der Reichen beschlagnahmt, aber mit Unterstützung von Neriman Nerimanov wurde es ihm erlaubt, in seinem Landhaus in Merdekan wohnen zu dürfen. Bis zum Jahr 1914 war die Ungerechtigkeit an Taghijev und seiner Familie nicht zu bemerken. Aber nach seinem Tod wurde auch sein Landhaus in Merdekan beschlagnahmt, und seine Frau Sona musste schon ein armes Leben führen. Außerdem wurden auch seine Kinder unter Druck gesetzt. Das Gebäude beherbergte viele verschiedene Institutionen und Verwaltungen. Zur Zeit der Demokratischen Republik Aserbaidschan übernachteten viele ausländische Gäste in diesem Gebäude. In der Sowjetzeit fungierte das Gebäude zwar als Kinderheim.

Sie sind außerdem Autor des "Zur Geschichte der von Taghijev gegründeten Mädchenschule" genannten Buches. Sicherlich sind Sie bei der Erforschung auf viel Interessantes gestoßen. In einer Zeit, in der Mädchen von der Außenwelt isoliert lebten, könnte es selbstverständlich keine Rede von der Gründung einer Mädchenschule sein. Ich möchte, daß Sie uns bisschen von den Hindernissen erzählen, auf die Taghijev bei der Verwirklichung des Traumes von der Errichtung einer Mädchenschule gestoßen ist.

  • Die Meisten denken, daß er analphabetisch war. Ich denke aber nicht so. Es kann sein, daß er keine Bildung hatte, wie hätte aber ein Analphabet so viele große Projekte ins Leben rufen können? Sein Handel entwickelte sich in aufsteigender Linie und hatte alles. Trotzdem tat er alles zum Wohl des aserbaidschanischen Volkes. Wir haben auch später mit seinen Verwandten geredet. Sie erklärten, daß Taghijevs Kinder auch patriotisch erzogen waren. Als seine Familie aus diesem Haus vertrieben wurde, befahl Taghijev ihren Töchtern, nur persönliche Dinge, Kleider und Bücher mitzunehmen. An seiner Stelle würde ein anderer gewiss die Heimat verlassen, weil ihm alles weggenommen worden war. Davon könnte aber keine Rede sein. Nur seiner Tochter erlaubte er, das Land zu verlassen und benutzte er dazu alle seine Möglichkeiten, um ihr dabei helfen zu können, weil sie mit Ali Asadullajev, dem Sohn des bekannten Millionärs Schamsi Asadullajev verheiratet war. Ali war Offizier der muslimischen Kompanie in der Nationalen Aserbaidschanischen Armee. Taghijev wusste, daß die Offiziere von der Sowjetregierung verhaftet oder erschossen werden sollten. Er hoffte auch, daß diese Regierung bald stürzen würde. Auch russische Fürsten schrieben in ihren Erinnerungen, daß niemand damit gerechnet habe, daß die Bolschewiki so mehr an der Macht geblieben wären. Sie dachten, daß Bolschewiki ungebildet seien und eine von ihnen gegründete Regierung nicht so lange würde bestehen können . Das war einer seiner Gründe, warum er die Heimat nicht verließ. Er glaubte eines Tages sein Vermögen zurückbekommen zu können.  

Sie haben schon viele Erinnerungen an diese wichtige Persönlichkeit gehört. Was erzählt man eigentlich von ihm? Und wie erinnern sich die Verwandten an ihn?

  • Ich habe mein Buch „Zeitgenossen über Taghijev" schon veröffentlicht. Eine Geschichte, die mir ein Fabrikarbeiter erzählt hat, beeindruckte mich sehr. Er erzählte, daß Taghijev schon all sein Vermögen weggenommen war. Seine Arbeiter beschlossen eines Tages, ihn im Landhaus in Merdekan zu besuchen. Als sie den Hof betraten, wollte der Diener aber sie nicht hereinlassen. Taghijev war selber auch zu jenem Moment im Hof beim Tee, und als er seine Arbeiter erkannte, sagte er zu seinem Diener, sie nicht mit den leeren Händen zurückzuschicken, und jedem einen Eimer Weintraube zu schenken. Zu jener Zeit war er schon kein Millionär, trotzdem wollte er seine Arbeiter nicht mit leeren Händen zurückschicken.

Er war kein Staatsmann, sondern ein Geschäftsmann. In allen Büchern zur Geschichte des 19.-20.Jahrhunderts kann man auf Taghijevs Namen stoßen. Da kann man sehen, daß Taghijev zum Beispiel zum Bau einer Schule in einem abgelegenen Dorf in Russland viele finanzielle Hilfe geleistet hatte. Ich habe alle seine Buchhaltungsunterlagen dabei, sie habe ich aus dem Archiv geholt. Die Unterlagen enthalten eine Menge der Städtenamen. Das sind die Städte, in denen der Bau von Schulen, Kulturzentren und Gebäuden von Taghijev finanziert worden sind. Ich habe schon die Rechnungen miteinander verglichen, und es zeigte sich, daß er sein Geld am meisten für den Bau von Schulen ausgegeben hat. Die Moscheen standen aber an zweiter Reihe, obwohl er ein streng religiöser Mensch war. Einmal ging im Dorf Merdekan der Aufbau einer Moschee, und Taghijev kam zu dem Mann, der Bauarbeiten der Moschee finanzierte und erinnerte ihn daran, daß es schon im Dorf zwei Dörfer gibt. Er empfahl ihm stattdessen dort eine Schule aufzubauen. Da aber der Mann Gottes Gnade verdienen möchte, war er selbstverständlich dagegen.

Voller Herzlichkeit schenkte Ferhad Dschabbarov dann unserer Redaktion alle seine Bücher zu Taghijev.

Die Jahre vergehen, Generationen kommen und gehen, aber Wohltaten werden nie vergessen.                              

                                                                                                                                                                            Autorin :  Fejzijje

 

 

 

 

 

 

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